Sechs Themenwege können jetzt kostenlos per Audio erkundet werden
Wer in Westerburg eine Stadtführung unternehmen möchte, der kann nun zusätzlich zu den regelmäßig angebotenen Stadtführungen spontan sowie zeit- und ortsunabhängig das Angebot der Podcast-Führungen nutzen. Sechs verschiedene Themenwege gibt es zu entdecken. Ausgangspunkt fast aller Routen ist der Alte Markt, wo ein Schild den Hinweis auf die Podcast-Führungen gibt.
„Die Westerburger Podcast-Führungen sind in dieser Form wohl bisher einzigartig und ein besonders gelungenes Pilotprojekt“, freut sich Stadtbürgermeister Janick Pape. Zur offiziellen Eröffnung konnte er neben seinen Beigeordneten und Mitgliedern des Stadtrates auch die Personen begrüßen, die maßgeblich zum Gelingen beigetragen haben. Ein herzliches Willkommen galt insbesondere Jörg Sartorius (Visuelle Medien Sartorius – www.sartorius-net.de), der das Projekt federführend betreut hat. Er ist Podcaster und Wissenschaftskommunikator, liebt Geschichten und weiß, wie sie professionell klingen. „Die Zusammenarbeit mit Jörg Sartorius war jederzeit sehr angenehm, was sicherlich auch einen Großteil des Erfolges in diesem Projekt ausmachte“, lobt Stadtbürgermeister Pape.
Themenschwerpunkte festgelegt
Dabei erstreckte sich das Projekt letztendlich über einen Zeitraum von etwa zwei Jahren. „Ich kann mich noch sehr gut an unsere Auftaktveranstaltung mit vielen der späteren Protagonisten erinnern, die seinerzeit unter dem Einfluss der Pandemie als Videokonferenz stattfinden musste“, erinnert sich Sartorius. Zunächst wurden in Gesprächen mit der Stadt, den aktiven Stadtführern und Experten für Themenbereiche der Westerburger Geschichte verschiedene Themenschwerpunkte festgelegt und hierfür verantwortliche Personen mit der Erstellung einer groben Textfassung beauftragt – wobei einige Führungen auch völlig frei eingesprochen wurden.
Im Anschluss wurden die Texte für die Tonaufnahmen überarbeitet und auch nochmals die ein oder andere Quelle nachrecherchiert. „In vielen Fällen mussten wir die Texte noch kürzen. Für einige spannende Aspekte, die geschnitten werden mussten, um einen Umfang zu erhalten, der den Rahmen einer Stadtführung nicht sprengt“, erläutert Sartorius. Ein weiterer Baustein war in diesem Zusammenhang auch, die Wege und Tonspuren zu verbinden, was in dieser Form absolutes Neuland für alle Beteiligten war. „Einige Autoren wollten nicht den kompletten Text selbst einsprechen“, erklärt Pape und fährt fort: „hier haben wir beim Petermännchen-Theater angefragt, ob sie uns unterstützen können“. In den Monaten, in denen dort ohnehin keine Theaterstücke geprobt werden konnten, seien einige Mitglieder gerne dazu bereit gewesen.
Nach den Aufnahmen folgten das erneute Schneiden der Tonspuren, das Setzen einzelner Kapitelmarken und die Zuordnung zu den jeweiligen Stationen. Das erforderte neben technischem Können auch wieder viel Ortskenntnis und Geduld beim Austesten und Ablaufen auf Basis der Rohfassungen. „Wir sind zwischenzeitlich sicherlich schon viermal bis fünfmal mit den unterschiedlichsten Personen alle Führungen abgelaufen, um alles immer noch ein wenig zu optimieren“, so Pape, dem das Projekt nach eigenen Angaben ein echtes Herzensanliegen war.
Die nächste Runde war dann das Identifizieren der einzelnen Haltepunkte und das Setzen der Pfosten für die Hinweisschilder, diese wurden zeitgleich designt und werden nun nach der Eröffnung in den nächsten Tagen angebracht. Hiermit war die Graphikerin Sabine Dörner (Dörner-Design, Aschaffenburg) beauftragt, geboren und aufgewachsen in Enspel. „Von Anfang an war uns bei dem Projekt wichtig, dass die digitalen Stadtführungen auf zwei Arten nutzbar sind: Zum einen als klassische Stadtführung zum Ablaufen vom Anfang bis zum Ende, aber zusätzlich auch als Audioerklärung bei jeder einzelnen Sehenswürdigkeit“, erzählt Stadtbürgermeister Pape. „Das ist so ziemlich einzigartig, stellte aber auch einen maximalen Anspruch an die Koordination“, ergänzt Sartorius.
„Uns war es wichtig, dass die Menschen, die hier leben, selbst von ihrer Heimatstadt berichten und auch im Podcast zu hören sind“, leitete Pape zu den Personen über, die die Texte verfasst und die Audios gesprochen haben. „Die Arbeit mit den unterschiedlichen Menschen hier vor Ort, die auf viel Fachwissen zurückgreifen können, für die aber eine solche Produktion eine Premiere war, hat mir sehr viel Freude bereitet und ist auch das Herzstück des Projektes“, fasst Sartorius die Arbeit mit den Westerburgerinnen und Westerburgern abschließend zusammen. Beide sind sich einig: “Über das Ergebnis wird es sicherlich Diskussionen geben und einige Änderungen können früher oder später notwendig sein, aber dem Ziel, das Wissen über unsere Stadt und ihre reiche Geschichte so zugänglich, modern und interessant wie möglich zu gestalten, sind wir ein großes Stück näher gekommen.”
Pilotprojekt mit Geschichte(n)
Am Ende eines zweijährigen Projektes stehen nun sechs individuell begehbare Themenwege, die jeweils eine eigene Geschichte der Stadt erzählen. Stadtführerin Anke Gläser war es, die die Führung „Wege des Wassers“ zu Papier brachte. Gelesen wurde der Text von Carina Sauer. Kirchenführerin Bettina Kaiser befasste sich mit den „Kirchen in Westerburg“. Die „Sehenswürdigkeiten“ von Westerburg beschreibt Markus Kachler. Er unterstützte auch Stadtarchivar Rüdiger Klees bei der Führung „Stadtgeschichte“. Christine Klein, Vorsitzende des Museumsvereins „anno dazumal“, führt die Besucher durch „Das Heimat- und Trachtenmuseum“ in der Neustraße 40. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Führung „Jüdisches Leben“. Für dieses Thema war die ehemalige Stadtarchivarin Maria Meurer aufgrund ihrer langjährigen Forschungsarbeit und ihrem international ausgezeichneten umfangreichen Buch über 150 Westerburger Juden zur Zeit des Nationalsozialismus mit dem Titel „Verfolgt, vertrieben, vernichtet“ prädestiniert. Die Schilder zu dieser Führung zeigen in Gedenken an diese Lebensgeschichten die Namen und Daten all dieser Mitbürgerinnen und Mitbürger. Es war dem Stadtrat hier sehr wichtig, dass diese Zeichen im Stadtbild sichtbar und würdevoll gestaltet sind. Sabine Dörner erstellte die Logos und gestaltete neben dem Schild auch die Flyer.
Tourismus fördern
Dass die Podcast-Führungen gut angenommen werden, davon sind alle Beteiligten überzeugt. „Abseits von Reisegruppen, die regelmäßig auf das Angebot der klassischen Stadtführer zurückgreifen, hatten wir zunächst Individualreisende im Blick, die in unserer Stadt zu Besuch sind. Auch für diese Gäste wollten wir gerne ein Angebot schaffen und ihnen unsere reichhaltige Stadtgeschichte näherbringen. Aber natürlich werden auch viele Bürgerinnen und Bürger aus der gesamten Region das Angebot nutzen“, so Pape. „Mit der Umsetzung dieser Idee möchten wir auch den Tourismus fördern“, bekräftigte Martin Rudolph (Tourismus-Management). Ihm ist es zu verdanken, dass das Projekt durch den Fremdenverkehrsverein Westerburger Land finanziell gefördert wurde. Darüber hinaus konnte Pape auch den Bürgermeister der Verbandsgemeinde Westerburg, Markus Hof, zur Feierstunde am Alten Markt begrüßen
Viele Sehenswürdigkeiten
Nachdem jetzt das große Info-Schild eröffnet wurde, sollen noch viele weitere, kleinere Hinweisschilder angebracht werden. „Mit Hilfe des QR-Codes kann jederzeit in die verschiedenen Führungen eingestiegen werden“, erklärt der Stadtchef. Dann gibt es viel Wissenswertes und Interessantes von den Wahrzeichen wie Schloss und evangelische Schlosskirche, den beiden katholischen Kirchen, der historischen Eisenbahnbrücke, den Museen, Burgmannen- und Vasallenhaus, der alten Landratsvilla und so einiges mehr zu erfahren. Auch die Geschichte und die Geschichten von Westerburg mit seinem Petermännchen werden aufgegriffen und ebenfalls die zahlreichen durch die Stadt fließenden Bäche. „Nicht zu vergessen ist der beliebte Wanderweg Westerwaldsteig, der hier entlangführt. Der erfolgreiche Abschluss der Etappe nach Westerburg kann dann gleich mit einer kleinen Stadtbesichtigung bereichert werden“, rät Martin Rudolph augenzwinkernd.
Angebot flexibel nutzen
Das Angebot der Podcast-Führungen ist für die Nutzer kostenfrei. Wer möchte, der kann sich die Datei (https://westerburg.sartorius-net.de) auch zu Hause anhören oder mehrmals hintereinander – eben immer und überall. „Die Anschaffungskosten üblicher Audiogeräte fallen weg, ebenso wie Hygiene- oder Wartungsprobleme“, erläutert Sartorius und ergänzt: „denn jeder nutzt sein eigenes Handy bzw. Smartphone“. Die Flexibilität bei diesem Projekt bietet nicht nur Vorteile für Sehbehinderte – oder für Menschen, die nicht mobil sind. Auch bei der Fortbewegung sind die Nutzer flexibel. Sie können zu Fuß, mit dem E-Bike oder auch dem Pkw die Stadt erkunden und beliebig ihre Wegstrecke gestalten. (Text und Foto: Ulrike Preis)